WinterFluchtMütter 2006

25. März 2006

Liebe MBA,

so ein Blödsinn, wirklich wahr.

Da bin ich, um dem Winter zu entkommen (und, um von meiner, wie ich hoffe, recht fruchtbaren Klausur berichten zu können), nach Gomera geflohen, und dann habe ich ihn mir dadurch um gut eine Stunde verlängert. Zwar handelt es sich lediglich um den astronomischen, aber: Winter ist Winter; ja, das kratzt mich jetzt schon, ziemlich einigermaßen sogar, wenn man sich das näher überlegt, das kann ich Ihnen schon sagen, ich ringe seither um das Wiedererlangen der Synchronizität von Zeit und Raum. Immerhin bin ich noch rechtzeitig vor der Sommerzeitumstellung zurückgekommen; gar nicht auszudenken, was da erst mit mir passiert wäre.
Die neue Kamera geht damit übrigens völlig unbeschwert um, hat sie sich doch einfach unbemerkt ganz von selbst umgestellt, schon irgendwie gespenstisch, finden Sie nicht auch?

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Wir unterbrechen diesen MütterBrief für eine wichtige Durchsage an alle AbonnentInnen.

Weil auch Sie, so wie ich, in den letzten Tagen und Wochen seit jenem 1. März (Inkrafttreten des geänderten Hundertsiebenerparagraphen vom Telekommunikationsgesetz) etliche pseudojuristisch ausgeheckte, in Wirklichkeit aber suamseitlerte sog. Disclaimer-Texte erhalten haben werden, erlaube ich mir, denselben winkeladvokatischen Zug und schreibe genauso windigen Inhalts wie alle anderen sich windenden, gesetzverbiegenden, sich selbst natürlich nie als Spam-Verursacher sehenden (das sind immer die anderen; wie bei den Touristen – mehr dazu weiter unten), dass Sie sich

jederzeit, und zwar problemlos und gratis und unverzüglich und überhaupt

Entmütterbriefen können. Einfach ein Mail mit Dankebittenichtmehr oder ähnlich unzweideutigen, meinetwegen auch beleidigenden Betreffformulierungen retourschicken und – wiedaschaun. Ehrenwort.
Umgekehrt: Wer schweigt bekennt, heißt es, und so bin ich devotest ergeben über Ihre durch keine Aktivität zu bekundende, durchunddurch passive Nichtablehnung, und das ist letztendlich doch das höchste vorstellbare Glück, eben nicht abgelehnt zu werden, von Anerkennung oder Nochhöherem wollen wir da gar nicht schwelgen, ich beliebe am (virtuellen) Boden zu bleiben, bittedanke.

Sie lasen einen Absatz kreativer Gesetzesauslegung durch einen Bürger der RepublikÖsterreich.

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Ich darf fortsetzen.

Agulo, ich war zum zweiten Mal dort, ist ein durchunddurch uninteressanter Ort, die Sonne geht wegen des nach Westen hin ausgerichteten Kessels, ein gigantisches Amphitheater, früher unter als daheim (drüben, im Walle müsste man sein, jedoch – siehe weiter unten), der Wind kann recht ungut sein, und viel zu Früh jagt dich die Sonne aus den Federn, wenn sie, nachdem sie sich hinter dem Teide angeschlichen hat, plötzlich recht kräftig hervorknallt, ungut, wirklich wahr.

Das Baden kann man in Agulo sowieso vergessen. Viel zu rau!

Wenn ich fortfahre, fahre ich fort, um fort zu sein, will, streng genommen, hier bitte nicht auf meinesgleichen treffen, will sicher sein vor meinem touristischem Spiegelbild und also vor mir selbst: Schon im Nachbarort, keine fünf Kilometer entfernt gibt es ein Lokal, in dem man auch Spanisch spricht. Warum müssen eigentlich speziell deutschsprachige Touristen immer so unwürdig daherkommen? Jene runderneuerten Permanentaussteiger, Trapper und Squaws, mit Henna- und Birkenstockzwang bis ins Grab, ein Freizeithütchen drauf, das allein schon hinreichender Klagsgrund wäre, schauderlich, wirklich wahr.
Als am gefürchtetsten gilt, wenn sich zwei Individualpärchen unbestimmten Alters im offenen Gelände (also nicht in Kreativbars oder überhaupt in jenem längst exterritorialen Bewusstlebental, dem Walle) begegnen: Noch stolzgeschwellt-heiter ob des ganz offensichtlich ohne jeglichen Akzent mit den Eingebornen leutselig ausgetauschten ¡HOLLA! (bei einer mexikanischen Fiesta sagt man, bekanntermaßen, ebenso akzentlos, ¡HOSSA!) schleichen sie blicklos an ihren eigenen Landsleuten vorbei, nur ja kein Wort reden jetzt, sonst merken die noch (ganz offensichtlich Deutsche oder so), dass man selber auch von dort kommt.
Wir reden hier von den so genannten Individualreisenden. Die tagesausflugsinselrundreisenden Seniorenfuhren werden von echten Gomerianern nicht einmal ignoriert; eigentlich sollte man dafür kassieren, wenn man sich als temporärer Aussteigerparadiesbewohner vom Autobus aus begaffen lässt.
Wie aber unterscheidet man sich selber von all den bunt bis abenteuersandbraun oder khaki uniformierten Individuellen? Wer ist sensibler Aufspürer von Verborgenem, wer bloßer Tourist?Ist es die mitgebrachte Posaune statt des günstigen Leih-Didgeridoos? Das wäre doch zu billig, oder?

Um zum Anfang zurück zu kommen: Sollten Sie also doch einmal nach Gomera kommen, meiden Sie Agulo; dort ist es komplett uninteressant, wirklich wahr.

Nicht meiden mögen Sie meine nächsten öffentlichen Aktivitäten, es sind ja nicht so viele (aber was für welche, rede ich mir immer ein, wenn – äußerlich – nicht so viel los ist).
Gegenwärtig ist etwa die beste Zeit, sich für meinen Sommerkurs beim Musikforum Viktring anzumelden, vom 16. bis 22. Juli 2006, mehr auch hier.
Verwiesen sei vor allem schon jetzt auf den 5. Mai, der alljährliche (und bereits 5.) WeinKult beim Wimmer-Czerny in Fels am Wagram, ein angemessenes Fest zur Eröffnung der warmen Jahreszeit, der Mai ist kommen der Winter ist aus!
Eben: Mütters Müllerin. Die ist CD am Fertigwerden. Muss nur noch zusammengebastelt werden.
Dann gibts auch den nächsten MütterBrief.

Herzlich,

Onkel Tuca

Bertl Mütter

(hier noch als Onkel Tuca, mittlerweile wieder zurück im Bärlauchland; und der B. hat doch, wie die Banane auch, parallelnervige bzw. zumindest unverästeltnervige Blätter)