Warum kann es kein Bruckner gewidmetes Konfekt von überregionaler Bedeutung geben? Wir müssen jetzt konfektmäßig natürlich fair bleiben: auch Schubert wird von den Großzuckerbäckern bis heute ignoriert (selbst vom Demel!); streng genommen hat es letztlich nur Mozart geschafft. Die »Bach Würfel« sind eine kühl kalkulierte Erfindung des Jahres 1985, von derselben Salzburger Konditorei Fürst, von der auch die »Original Salzburger Mozartkugel« stammt; dass deren großer Konkurrent aus Bad Reichenhall, die Paul Reber GmbH & Co KG, sich jüngst erst durch eine nichts weniger als unwürdig zu bezeichnende geschmäcklerische Gender-Anbiederei, die »Constanze Mozart-Kugel« (etwas süßer umhüllt als die klassische Mozart-Kugel1) selbst disqualifiziert hat, sei hier nur nebenbei erwähnt. Zurück. Weder Schubert, Beethoven, Mendelssohn, Schumann, Mahler oder Wagner gar, haben es geschafft ins Schokoladenland. Und das »Webern-Zigarrl« aus Mittersill kann wohl nur als zynische Entgleisung eines örtlichen Zuckerbäckers (er wirbt ansonsten mit »Tauerngipfeln«) bezeichnet werden. Seien wir also froh, dass es kein Brucknerkonfekt gibt, denn was könnte das auch sein? Eine Marzipan-Kartoffel, die auf seinen oftmals recht kahl dargestellten Schädel rekurriert? Man könnte sie, und das wäre doch stimmig, plastilinanalog je nach Bedarf verformen. Wie sich ja auch Bruckner immer wieder verbogen hat, gemeint hat, sich verbiegen zu müssen. Angeblich.
Schule des Staunens 10.4
28. April 2015