Rassel

1. August 2020

Es rasselt. Irgendwo rasselt es. Als würden getrocknete Asseln in einem Metallbehältnis geschüttelt, in einer Trommel oder so. Vielleicht auch metallene Federn, Zerspanungsabfall und Muttern. Es ist ein beständiges Rasseln, Asselrasseln. Mal schwillt es in regelmäßigem Verlauf an, dann wieder ab, hört aber nie ganz auf. Zuerst stört es nicht wirklich, dann aber wird es doch zu dominant, ich kann mich auf nichts anderes mehr konzentrieren, sodass mir nichts anderes übrigbleibt als zu erwachen. 

Ich inspiziere das Zimmer, und tatsächlich, oberhalb des Bettes, am Kopfende, eingelassen in der Wand, aber so weit oben, dass ich auch ausgestreckt nicht daranreiche, ist die Lärmquelle, weil Lärm bedeutet: störender Schall. Das gehört dringend behoben, denke ich, und wie ich es denke, kommen auch schon Männer in Schutzanzügen zum Flur herein. Sie sehen nicht aus wie professionelle Dekontaminierer, Tatortreiniger oder Corona-Abstreicher, sondern sie erinnern mehr an Michelin-Männchen, vielleicht auch an die Leibgarde der im Orbit stationierten Präsidentin des Weltgerichts aus dem Film 1. April 2000, ganz sicher allerdings nicht an die Eingreiftruppen in Terry Gilliams Brazil, was mich dann doch beruhigt. Mit professionellem Verstand spüren sie rasch die Schallquelle auf, öffnen ihre Vertreterkoffer, entnehmen ihnen Stethoskope und verschiedene Schraubwerkzeuge und machen sich – mit einem simplen Dietrich! – an den eingelassenen Rasselschrank heran. Die weiteren Schritte kann ich nicht mehr klar verfolgen, denn ich erwache ein weiteres Mal, diesmal nicht im sondern aus meinem Traum.

Sie haben alles perfekt verputzt ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Kein Stäubchen auf oder unter dem Bett, wo ich auch schaue. Als wäre nie diese Rasselbox in der Wand gewesen.

Nächstens ein bisschen abnehmen könnte nicht schaden.