public viewing

7. Juli 2010

eine merkwürdige häufing trauriger anlässe musste die aus den staaten herüberkommene gastakademikerin konstatieren, als in jenen tagen immer wieder menschen, die garnicht so traurig schienen oder gar so gekleidet waren, sich zu gewissen nachmittäglichen zeiten oder abends empfahlen, mit dem entschuldigenden hinweis, dass sie nun zu einem public viewing müssten. mit ernster miene verabschiedete sie sich dann von ihnen und wunderte sich weiter zusehends, wieviele menschen das tagtäglich waren in diesem frühhochsommer, so ein pietätvolles land dieses deutschland, wenn offenbar selbst weitschichtig verwandte oder fernbefreundete, großstadtmenschen noch dazu, zu öffentlichen aufbahrungen gingen! dabei hatte sie stets gemeint, dass eine derartig unverhohlene nekrophilie nur in ihrer geburtsstadt (wien, was sonst?) ausgelebt würde, nicht aber im lebensfroh-schicken münchen.
obwohl, katholisch war man hier auch. und geteilt wurde hier, das brot (sein leib), die freude, das leid. jedenfalls öffentlich beschaut.