nunc dimittis

27. Dezember 2006

Großväterlich stolz schwärmte noch knapp vor seinem Tod der Mittererbauer von der Tüchtigkeit seiner Enkelin, Zahntechnikerin ist sie geworden, die beste des Landes, meine Monika, und der Landeshauptmann Pröll lässt sich seine Zähne nur von ihr machen, von keinem sonst.

Ich stelle mir vor, der zahngeplagt-schlaflose König schickt seine Herolde aus, in die entlegensten Provinzen ritten sie mit dem Auftrag: Man forsche und bringe mir den Besten im Lande, auf dass er mir gute Zähne verfertige. Reich soll sein Lohn sein und die Hand meiner Tochter sei ihm versprochen. Versagt er aber, so sei sein Leben verwirkt! Und, kaum ausgesprochen, ertönte allüberall der Ruf auf den Marktplätzen seines schmucken Ländchens. Bald schon brachten sie einen nach dem anderen daher, die Beißer des Herrn aber missrieten allesamt für und für, und viele legten darob ihr Haupt auf den Block des Henkers. Da ereilte den König die Kunde, dass im entferntesten Winkel des Reiches, fast schon Ob der Enns ein junger Knabe gefunden war, von dem man sich gar wunderlich Dinge erzählte, die Bader schworen Eide auf seine Zähne, und so erging der Ruf an ihn, er nahm Maß, und der König genas. Alsbald sollte also Hochzeit gefeiert werden, doch wie sehr staunte der Hofstaat, als sich der wackere Handwerker als gar treffliche Jungfrau herausstellte!
Fortan aber durften auch Weiber in die Zunft der Zahntechniker aufgenommen werden, und jene Monika ward die erste und vornehmste unter ihnen, und sie wurde reich beschenkt. Seither verging keine Gebisskorrektur des Königs mehr, ohne dass nicht sieselbst die neuen Zähne vermessen und angepasst hätte.

So starb der Mittererbauer nach einem arbeitsreichen Leben in Zufriedenheit.

Das ist doch auch eine Weihnachtsgeschichte, oder?
(Wenngleich es – siehe die Überschrift – eine die Weihnachtszeit abschließende wäre, der greise Simeon kommt ja erst zu Lichtmess – vierzig Tage nach Weihnachten, MariঠReinigung, Darstellung des Herrn – dran und darf zufrieden sterben, da er das Jesukindlein erblicken durfte, wie ihm verheißen war, aber wer hätte schon etwas dagegen, auf den 2. Februar vorzuspringen, die Tage wären auch schon heller und Ostern wäre nicht mehr weit, mitten im kalten Winter, also ich ganz bestimmt nicht.)