Kusine Hermine
imaginäre Verwandte
Am Tag, da der alte P. gestorben ist (die Rettung hat ihn auf Nachfrage gefunden, er hatte nicht einmal ausreichend Zeit gehabt, den Roten Knopf zu drücken), war er, so sein zurechtgelegtes Narrativ – die Nachbarin war ihm gar zu aufdringlich geworden –, angeblich in Linz, beim Begräbnis seiner Kusine, Kusine Hermine. Er hatte wohl einen Cousin, Hermann, dessen Namen da hineinzuziehen erschien ihm aber denn doch zu menetekelhaft. Damit er sich seine wohlbegründeten Ausflüchte aber behielt, hatte er überall verstreut in der Wohnung Zettel mit den aktuellen Narrativen abgelegt, dazu die – abwischbare – Schiefertafel mit den allerdringlichsten Verhaltens- und Handlungsanweisungen: »Versteckt bleiben. Alle Vorhänge zumachen. Bin in Linz. Wegen Begräbnis Kusine.« Selbstredend hatte er auch das Licht nicht aufgedreht, was auch sonst, wenn du tagsüber in Linz bist.
Nun, an jenem 16. März ist es finster geblieben in Steyr, und zu einem Begräbnis war er allerdings unterwegs.
Sind wir alle, unentwegt.
Meine Stiefgroßmutter mütterlicherseits – konkret: die zweite Frau des Vaters Edmund meines Vaters Edmund – hat auch Hermine geheißen, Hermine Mütter mit der Eheschließung, so steht es auch am Grabstein. Wessen Kusine sie allenfalls war, habe ich bislang nicht eruiert noch gedenke ich, je derartiges zu tun.
Früher hat man geschrieben: Cousine, und bei Cousin ist das ja heute noch so – Kusö oder wie!? Eben.