Kathleen Ferrier singt Meine Ruh ist hin, mein Herz ist schwer; sie spricht es shware (oder doch shwuer?) aus, und es gehört viel Mut dazu in einer fremden Sprache die Deklamationskunst schlechthin zu betreiben, und das ist der Liedgesang. Ähnlich muss es Benny Goodman ergangen sein, sich als King of Swing das Mozart-Klarinettenkonzert (und erst recht das Quintett) spielen zu trauen; ich kann mich noch erinnern, wie ein klarinetternder Schulkollege darüber jungdünkelhaft die Nase gerümpft hat. Maria, die 1956 aus Ungarn geflüchtet ist, hat mir gesagt, dass ihr diese Aufnahme Mut gemacht hat, sich Deutsch als ihre neue Sprache zuzutrauen. Manche Umstände und Zustände stellt man am besten verdichtet, ja atomisiert dar, und zwar an Hand scheinbar im Alltag Nebensächlichem, wie es etwa ein Schubertlied ist. Scheinbar Nebensächlichem.
Maria schreibt mir (und sie führt auch noch Peter Pears mit der Müllerin auf Deutsch und Wunderlich mit dem Lensky auf Russisch an): Wahrscheinlich war das für mich sehr angenehm, dass so große Interpreten auch so frech sind.
Mütters Müllerin µµ/16
22. März 2005