quarksquirks

für Christian Morgenstern (2010)
will heißen: Tenorhackbrett, Posaune, Violine, Kontrabass und Stimme (Mezzosopran)
Ein Auftrag von Franziska Fleischanderl
Gefördert vom SKE-Fonds der Austro Mechana. DANKE.


Es ist nämlich schon ein recht ein Quirks mit die Quarks. Weil mittlerweile sind wir doch um ein Stückl weiter als zu Morgensterns Zeiten. Der konnte noch getrost die Moleküle rasen lassen – bis zur Kernspaltung und ihren meist unseligen Folgen dauerte es nach seinem Tod noch gut zwanzig Jahre.

Die Brownsche Molekularbewegung passt besser zu Morgenstern. (Quarks hat es bei M. noch keine gegeben.)

Ach hätte man doch auf Morgenstern gehört und die Ekstasen heilig gehalten!

Das wollen wir mit dem Quarksquirks jedenfalls. Es geht ums Miteinander. Vieles geschieht unterschwellig, subkutan, im Trans-Akustischen. Erst aus der Leere heraus kann Irgendetwas entstehen: Das erste plötzliche Hervorbrechen ist nichts weniger als eine Spontanselbstzeugung, Urknallgewusel ex nihilo. Wir schöpfen nämlich aus dem Vollen, dem Tohuwabohu, voller wüst wirrer Leere.

Dann beruhigt es sich wieder, in einer wie zufälligen Mitte. Es wird aber immer irgendwo weiter gesponnen und gehackt, und auch erste Worte (wörtlich Erste Worte! – zufällig aufgefundene Zeilenanfangsworte aus den Galgenliedern und anderen Morgensterngedichtern1 wollen an den Tag kommen und bahnen sich schließlich ihren Weg aus dem Sängerinnenmund, der ist voller großartiger Bedeutung. (Es ist immer bedeutungsvoll, wenn wer singt, und es muss bedeutungsvoll sein, sonst könnte sie es ja auch sagen; dafür bräuchten wir aber keine Sängerin, und die wollen wir allerdings, wir brauchen sie nämlich, unbedingt, der Bedeutungsfülle wegen!)

Weil es allzu bedeutungsfüllig gewesen sein wird, entsteht ein Großes Schweigen, statt eines Neuen Himmels und einer Neuen Erde bleibt aber leider irgendwie alles beim Alten – seliges Gewusel, das bald seiner Unseligkeit inne wird und sich selbst abreißt, als wär’s der Sprung der Acht Lustigen Könige in ihre finale Weltsicht.

Man sieht vom Galgenberg die Welt anders an, und man sieht andere Dinge als andere.
Christian Morgenstern

Das Ende aber will glücklich enden: Der Aufruf, die Ekstasen heilig zu halten (ein Kreis zur en-statischen Leere des Anfangs) bringt uns irgendwie in die Nähe der Neunten Beethoven, aber nicht ganz ›vor Gott‹, und wo wäre der auch? Vertrauen wir uns lieber den Adagietto-Arpeggien des Hackbretts an, das hebt – und von oben besehen sieht man die Welt nun einmal anders an.

Den Narren aber verschlang sogleich der Geist der Vergesslichkeit.
C. M.

(Zum Abendstern2 vielleicht nächstens mehr.)


Hören3 Sie die Uraufführung aus dem Kunstmuseum Artemons im schönen Mühlviertler Marktflecken Hellmonsödt vom 28. April 2011.

Bertl Mütter (AKM): quarksquirks (2010)

Es singt 
Anne Clare Hauf (Mezzosopran). Es spielen Franziska Fleischanderl (Tenorhackbrett), Patrik Lerchmüller (Posaune), Irene Kepl (Violine) und 
Markus Kraler (Kontrabass).


Notenmaterial, Aufführung

Wer sich für die Partitur interessiert, kontaktiere mich einfach.4


  1. (sic!)
  2. O du mein hollllder!
  3. Hörhinweis: Der Anfang des Quarksquirkswerks besteht haupsächlich aus Blicken. Da gibt es wenig zu hören. Also schaun sie nicht so – es wird schon was kommen, nach einem Zeitl.
  4. Generell gilt:

    Jede Aufführung dieses Werks ist mittels Einzelprogramm der zuständigen Urheberrechtsgesellschaft (AKM, GEMA etc.) anzuzeigen (keine Sammelprogramme).
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