Dominante | EM-Bulletin (15)

22. Juni 2008

Sie muss die Schwester oder die Cousine vom Herrn Spitzl gewesen sein (die Frau war sie nicht, dafür roch Herr Spitzl mit seinem gustavgansgewellten Haar etwas zu rosenholzig), die Logopädin, eigentlich eine Sprechdomina, alle vierzehn Tage kam sie ins Konferenzzimmer im ersten Stock, man wurde ihr einzeln zugeführt, ihre knochigen spitzen Finger schlossen sich wie Schraubstöcke an deine Kiefer, und mit aufgepresstem Mund musstest du Sätze sagen wie Susi sitzt auf einem weißen Sessel, das sagte immer wieder ernst und streng vor, eine Brille hatte sie auch, an einer Kette, wie auch sonst, ansonsten war sie geruchsneutral, immerhin, vor dir musstest du den vom Papa ausgeborgten Rasierspiegel halten, damit du in dein Maul schauen konntest, die Zunge rollen, alles umsonst, und Manfred Salat hatte es allerdings besonders schwer, das s im Namen (Wie heißt du? – ßalaat), Manfred war vor dir dran, sie überzog mit ihm regelmäßig, weil er, es half alles nichts, solange ich ihn gekannt habe maximal in der Lage war zu ßußi ßitßt auf einem weißen ßeßßel, und würdest du ihn heute treffen, es gäbe keinen Anlass anzunehmen, dass sich irgendwas geändert hätte, und womöglich hat er auch das Wochenendhaus in Steinbach von seinen Eltern übernommen, Angestellte, das hatten sie davon.

Später erfuhrst du, nicht von der Logopäderastin, dass du beim Sprechen die Zunge nicht über die Zähne hinausschieben durftest, und das Problem löste sich wie von selbst auf. Wie das aber ohne die Grundausbildung im Konferenzzimmer nachm Salat gegangen wäre, wir wissen es nicht.

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Draufsichten

Beide Mannschaften können nicht gut verlieren, hat es über die Türkei und Kroatien geheißen, gemeint waren wohl die von ihnen symbolisch elffach vertretenen Landsmänner und -frauen, vor allem aber auch ihre in Ottakring und Floridsdorf in guter Nachbarschaft lebenden, hierher ausgewanderten Anhänger mitsamt ihren hier aufgewachsenen und aufwachsenden Angehörigen.

Als Österreicher in zweiter Spur (sympathisch: Etliche haben zweierlei Fahnderln auf ihren tiefergelegten BMWs und spurverbreiterten Golf GTIs, doppelte Patrioten; das nimmt Druck vom künstlich efpeösterreichisch postulierten Kelomat und auch den faulenden orangen Wind aus den Segeln am Wörthersee) sollten sie aber bitte doch schön langsam anfangen sich zu integrieren: Verlieren, wenn man es nicht kann, kann man lernen, zumindest studieren, auf österreichischem Rasen kann man da zu jederzeit etlichen Stillstand, Rückzug studieren, Österreich, beinahe Weltmeister im Verlieren, aber jetzt ist ja nur die Europermeisterschaft, und beim Segeln werden wirs euch schon noch zeigen in Beijing oder war da noch etwas?, achja Roboterfußball, das geht auch im Winter.