Eine Weihnachtsfeier, habe ich mir lange vorgestellt, muss genau so ablaufen, wie das bei den von den Steyrwerken im Volkskino abgehaltenen Kinderfeiern war. So, wie ja auch in der Kirche alles mehr oder weniger zentral geregelt ist, wie man das richtig zelebrieren soll von (Orgelgetöse) – Imnamendesvaters bis Dankseigottdemherrn – (Orgelgetöse).
Damals hat das Werk das Volkskino für ein paar Tage für seine prächtigen Feiern reserviert gehabt. Das war noch vor dem Umbau, da gab es noch den Balkon mit ein paar Logen, und mit insgesamt über elfhundert Sitzplätzen hatten wir das größte Kino österreichs; nach dem Umbau blieben mickrige 623, dafür aber gepolsterte Klappsessel übrig, und das Haus nannte sich auf einmal Stadttheater, ein Name, der bis heute nicht ganz zu den Herzen der Steyrer gefunden hat.
Ich kann natürlich nur von den Feiern für die Arbeiterkinder berichten, die Angestellten kriegen sicher noch größere Packerl. Vorher müssen die Geschenke aber im Saal verdient werden. Links vorne an der Bühne steht so ein großer Christbaum mit großen Kugeln oben und rosaroten und blauen Girlanden, alles strahlend, majestätisch. Dann spricht ein Herr eine Ewigkeit, sicher recht wichtige Sachen, ich verstehe nur und jetzt wünsche ich euch viel Freude, aber es dauert noch, vorher kommen die weltberühmten Florianer Sängerknaben. Der Dirigent, von dem wir abgesehen von seinen kurz nickenden Verbeugungen nur das streng hinaufrasierte Genick zu sehen bekommen, hat ein speckiges blaugrünes Sakko an, wie wir es von den russischen oder tschechoslowakischen Eishockeytrainern kennen, und alles ist wirklich recht streng. Die Buben, von denen wir uns nicht vorstellen können, dass sie nicht auch aus Wachs sind, singen sicher recht schöne Lieder, das interessiert aber keinen, es wird aber trotzdem brav applaudiert, ist ja wirklich eine beachtliche Dressur, die wir da zu sehen bekommen, allerhand. Dann haben wir es überstanden, und endlich kommt der ersehnte Zeichentrickfilm von Walt Disney, lustig, und viel zu schnell vorbei.
Nach diesem aufwändigen Festakt, der dem familiären Christbaumanzünden und obligatorischen Weihnachtsliedersingen und Weihnachtenwünschen am Hl. Abend zu entsprechen scheint (da muss man durch, bevor endlich die Geschenke ausgepackt werden dürfen), stürmt alles hinaus zur Packerlverteilung, tumultartige Szenen sind das. Mama ist recht geschickt und übernimmt jedes Jahr die Schachteln recht schnell, und beruhigt können wir heimkehren. Merkwürdig, es macht uns nichts aus, dass wir mit dem öffnen tatsächtich bis zur familiären Bescherung warten müssen, jede Diskussion wäre auch zwecklos.
Aber am Hl. Abend ist klar, welches Packerl zuerst dran kommt.
Weihnachtsfeier
19. Dezember 2004