Erinnern und Verschwinden

15. Dezember 2004

Meine erste Erinnnerung ist eine vom Verschwinden, genauer: wie der Vorhang im Kinderzimmer (er war mit allerlei Kinderzeug, Bausteinen, Kasperln… bedruckt) immer finsterer wurde. Ich hatte mir nämlich eben ein Loch im Kopf, das im Krankenhaus mit drei Nähten versorgt wurde, geschlagen und fiel in Ohnmacht.
Die Vorgeschichte hat mir Papa dann bis zur Matura fast täglich erzählt, und noch heute brauche ich nur das Wort kopfimloch zu sagen, schon startet er mit der Wiedergabe meiner kindlichen Darstellung des Dramas: Büd owaghaut – ins Kabinett miassn – gschprunga – kopfimloch.
Der Verlauf der Geschichte in Umschrift: Ich war im Wohnzimmer auf die Couch geklettert und hatte dabei Das Bild (Vase mit Mohnblumen, ein Druck) aus dem Haken gehoben, wodurch es auf den Boden fiel. Zur Strafe musste ich ins Kinderzimmer, das Kabinett. Dort waren unsere Betten (mein Bruder ist dreiunddreißig Monate älter) noch übers Eck aufgestellt. Gerhard sprang von einem Bett zum anderen. Das konnte ich auch, glaubte ich. Ich sprang – zu kurz – kopfimloch.
Mein Der Welt Entschwinden habe ich bis heute nicht vergessen, und es wird mich begleiten bis zum Schluss. Und dass ich es nicht vergesse, dafür habe ich diese kleine Narbe an der Stirn. Bis zum Schluss.