was bin ich? /2

6. November 2006

Jener Olsberger Uhrmachermeister hatte in seiner sehr geschmackssicher eingerichteten Verkaufswerkstatt feinste Geräte, mit denen er die ihm zur Kontrolle und Reparatur anvertrauten mechanischen Uhren, wie man sagt, auf Herz und Nieren prüfen konnte, Oszillometer etwa, die den Puls der Chronographen sehr genau zu messen in der Lage waren. Dazu wurden die Armbanduhren eingespannt und das Schwingungsverhalten ihrer Unruhe in den verschiedensten Positionen analysiert.
Eines Tages war ein korrekt gekleideter Herr mit der glaubwürdigen Behauptung erschienen, sein edles Uhrwerk am Handgelenk gehe falsch, undzwar hinten. Der Meister übernahm die Uhr zur eingehenden Analyse und stellte in sich dehnenden Versuchsreihen zunehmend kopfschüttelnd fest, dass sie, so etwas war ihm noch nicht untergekommen, in exakt einer Position dazu tendierte, sich etwas mehr Zeit zu lassen, als sie gedurft hätte, nämlich mit dem Aufziehpfropfen nach oben, was bedeutete, dass ihr Träger jeweils über einen längeren Zeitraum seinen Ellenbogen ruhend abgestützt halten musste. Er überlegte sich also wie so etwas kommen könne, welchen Beruf so jemand wohl ausübe, und als der Kunde am vereinbarten Tag pünktlich in der Werkstatt erschien, vermochte der uhrmachermeisterliche Ratefuchs dem unter chronographischer Tagesverlängerung leidenden aufs Gesicht zuzusagen, dass es sich bei ihm nur um einen Beamten handeln könne, Volltreffer, und es war ihm auch sofort peinlich (dem Uhrmacher).
Erinnern wir uns: Bei Robert Lembke mussten die Gäste stets eine Handbewegung vorführen, einen kleinen, nicht verräterischen Hinweis auf ihre Tätigkeit; hier hatte sich die Nichtbewegung, ja, das Einrasten im Ausrasten als typisches Merkmal eines Berufs, ja einer Berufsgruppe (von einer Tätigkeit konnte ja weiters nicht mehr die Rede sein) verraten.
Tja, lieber Herr Offizial, beim Olsberger Uhrmachermeister ist dein Schweinderl leer geblieben.