immerwiedersommermütter 2008

1. Juni 2008

liebe mba.

da habe ich im letzten brief von der die gedanken zersetzenden transkription geschrieben (zitat: di e g d nk zer tz d rans pt n), schon nimmt mir das der bildschirm persönlich und antwortet mit sklerotischen anwandlungen, grafikkarte, sagt der techniker aufseufzend, des kost’t. ich werde also, um nicht alle vierteljahre eines neuen geräts zu bedürfen, etwas vorsichtiger formulieren, jedenfalls was die zur produktion meiner auswürfe unerlässliche hartware betrifft. schön vorsichtich also tippe ich diesen brief, auf rohen eiern gehend, wie man sagt, ein, damit kein falsches wort aus der kombination meiner auf die tastatur (sanft, ein zugeständnis) niedergehenden fingerkuppeneindrücke dem graphikkartoffelkäfer oder sonst einem dem laptop innewohnenden demiurgengewürm sauer aufstoße, woran sich dann letztlich wieder der obsthändler in cupertino bereichert, weil, soviel ist sicher, ein neues gerät muss her, und ich muss viele konzerte und kompositionen hervorbringen, das geld dafür eintreiben, dass ich es mir leisten kann, spenden also bitte gerne und jederzeit, in euro und franken (dollar und andere drittwährungen bitte vorher umzutauschen danke).

ansich wollte ich diesmal mit einem über allem stehenden zitat beginnen, aber, wie sie gleich sehen werden, hier passt es sowieso besser:

ich selbst bin ja der überzeugung, dass jene glücklicher sind, die alles unversucht lassen, aber dazu ist es jetzt zu spät, damit muss man früher im leben beginnen.
wolfgang hildesheimer, vergebliche aufzeichnungen (1962)

eben, zu spät.

vor den toren aber das große emmerweder östarejch.
vor den toren, was das bedeuten mag, klosterneuburg, das so schön renovierte klosterneuburg wirbt ja auch damit:

wo sich himmel
und erde begegnen

glaube, wein, kultur
vor den toren wiens

und der zweiten doppelzeile dieses werbespruchs will ich mich näher betrachtend widmen, dieser dreifache imperativ (und k. ist ja unser imperatorisches stift schlechthin), vor den toren wiens zu glauben, zu weinen und (eine weniger gebräuchliche, wohl veraltete form), zu kulturen, ein auftrag (jedenfalls der kulturauftrag), dem ich mich, wie es aussieht, am dritten oktober widmen soll, was rechtzeitig hier näher ausgeführt werden wird, jetztaber ist zuersteinmal der sommer dran, damitdasklarist. und vor den toren wiens, was das wieder heißen mag, ichselbst habe noch kein tor zu wien gesehen, alle abgerissen, kein stubentor, kein schottentor, nicheniche tut uns leid. oderaber, im norwestlichen speckgürtel gelegen undalso mit überdurchschnittlicher schlafintelligenz ausgestattet, überhebt man sich gar hybrisch der wiener, die man die toren nennt, tumbe toren gar? es kann wohl nur so sein. andererseits, die weisen herren im schwarzen gewand, sie sind ja per definitionem (alle, alle!) jedweder hybris enthoben, und selig sind die arm im geiste, weshalb es dann wohl lauten müsste für die toren wiens, was allerdings gerade die toren wiens nicht verstehen würden, werbebotschaft verfehlt, danke, liebe agentur, wir melden uns, weil tor und toren, das sind veraltete begriffe, noa, drottl (stmk, etwa in vorau, augustinisch-chorherrlich wie k.burg: droutl) heißt das bei uns, depp, aber doch nicht tor! es bliebe eine erklärungsvariante, hochaktuell, weshalb ich mich dann gleich zurückzuziehen gedenke (einen rückzieher mache), um nicht während des schreibens unaktuell zu werden, das ablaufdatum zu übersehen, wo doch das einlaufdatum immer näher rückt, gnadenlos, wenn diese etwas unpassende formulierung in diesem zusammenglaubzusammenhang erlaubt ist (sie ist es nicht, glauben sies mir), nämlich, jetzt weiß ich es, man hat, pröpstlich fußballbegeistert vorausahnend, jene tore wiens gemeint, die erst geschossen werden müssen, sagen wir bei der äuro, was täten sie aber nach dem finale, nach den toren wiens? ende der durchsage, und kafka ist ja im juni in k.burg gestorben, aber in kierling, das klingt wie schierling, was für ein heidnischer philosophensapht.
derweil wächst zu wien die angst, sie greift um sich, im merkur bei uns in der krottenbachstraße steht ein blasser bub in sicherheitsunform herum und darf nicht nasenbohren, ein halbes jahr schon passt er auf als wie, wodurch man daran erinnert wird, sich fürchten zu müssen, sehen sie, so einfach kann man sicherheitsbedarf undalso arbeitsplätze erzeugen (merkwürdig, warum sind diese leute stets eindeutig ohne – aktuellen – migrationshintergrund? dabei wären, sagen wir: langbeinige negerianer oder auch sehnige tschotschonen wesentlich besser zum obachtgeben geeignet, weil sie einem bösewicht, der einer alten dame das katzenfutter oder, in seinem bezirk, dem dichand sein butterkipferl entreißen wollen würde, wesentlich schneller hinterherlaufen könnten als zumindest das milchmännchen, das uns die group 4 so einsam, mitleiderregend, ja, auf dem merkur abgesetzt hat.
diese wiener angst© aber, sie gründet wesentlich diffiziler, und sie hat natürlich mit der dräuenden, vor den toren wiens stehenden öro zu tun. zum einen wird eine begeisterung herbeigeschrieben und hysterisiert, wimpel werden in die autofenster gespreizt, alles ist ganz patriotisch (bald schon mal sechzehn, uije), und gleichzeitig wächst der gesunde unwille gegen so viel heiße luft und pappmachà© (das parndorferdesigneroutletkulissendorfentrà©e zum prater symbolisiert es perfekt, danke frau vizebürgermeista laska!), ganz österreich klebt titelt eine für alle sprechende buntzeitung, begeisterung mischt sich mit herzlichen willkommensängsten, weil der wiener ist ja grantig, hat grantig zu sein, der ring gesperrt, kein, schön sprechen, ottakringa, kein, rechthatta, schwechatta, und wien bereitet sich darauf vor, die berühmte wiener gastfreundlichkeit in die welt hinauszuschicken, so eine gelegenheit hat es seit 1938 nicht mehr gegeben (warum hat man den heldenplatz eigentlich nicht wieder zur fanzone gemacht?), die geburtenrate im märz 2009 wird emporschnellen wie der österreichische tormann ins rechte kreuzeck (dieweil die frucht mittig über die linie kullert), wir aber, wir sind die besten gastgeber der welt, man muss schnell (schnell!) so tun, als freue man sich, spielt vor, wie es sich gehört, erklärt den grant (die wesentliche unterart des wr. charms) zum unescoschützenswerten immateriellen erbe der menschheit, nämlich wenn es so weitergeht und alles lacht wie weiland die rösslwirtin oder die christl von der post oder smariandl oder der toni mitsamt der vroni, schlecht schaut es aus um den grant, also sind wir bitte, schön sprechen, freundlich zu unseren gästen, besonders zu jenen aus kroatien und der türkei, total freundlich, kommen sie bald wieder oder bleiben sie gleich da, deutsch können sie ja schon, gelt herr platter und der mister minit kann immer neue schlüsselarbeitskräfte brauchen, alles freut sich, ich wiederhole mich, aber die freude ist halt so übergroß, kollektiv, na de wern schen schaun,

die wiener
wie diener
wie nieder! –
nie wieder,

weshalb es diesmal im textteil auch keine schönen bilder gibt.

service.

aber auch ich
wiederhole mich,
wenn auch nich
t anagrammatisch,
weise auf wesentliches hin, was ich halt außer mütterlogschreiben so tue (täglich, wirklichwahr), gleich morgen am 2. juni bin ich in wels, muetters dichters liebe, am fußball bereichern werde ich mich am 11. in der alten schmiede und am 29. (das finale im porgy & bess, franzobel und mütter, seit eh und je fix qualifiziert, kommentieren live, eine wahrhaftige fußballorgie!), dann kommt auch schon der juli, jazzfest steyr, dann der spielen!-kurs in viktring (ein paar plätze sind noch frei), zweibisdreimal gmunden undundund und besonders hinweisen möchte ich auf den 30. august am toplitzsee, was für ein ort, und näheres finden sie wie immer in der vorschau.

was unlängst untergegangen sein dürfte ist, dass ich eine neue cd herausgebracht habe, eben muetters dichters liebe, sie ist sehr schön geworden wirklich wahr, weshalb ich mich mit einem sechzehnfachen
muetters dichters liebe
von ihnen verabschiede, nicht ohne ihnen einen schönen, erholsamen sommer zu wünschen und kommen sie bald wieder, wir freuen uns schon,

stets herzlichst ihr,

bertl mütter
schlafen sie wohl
schlafen sie wohl.

täglich aber, nachwievor, das muetterlog; es hilft durch den sich verfinsternden alltag.

ps
der nächste mütterbrief kommt am 1. september.