Fortschritt in Leoben

3. April 2006

Bis du im Hotel Kongress zu Leoben dein Zimmer beziehen kannst, musst du einige Aufgaben lösen. Die erste (und schwierigste) ist die Auffindung des vierfach besternten Beherbergungsbetriebes. Unter Hauptplatz 1, einer Adresse, für die man, möchte man meinen, an keinem Ort einen Stadtplan benötigt, befindet sich nämlich kein mit freiem Auge als solches erkennbares Hotel; es ist da lediglich ein schmaler Eingang zu einer etwas unterprivilegierten und also schmuddeligen Geschäftspassage, im Keller ist der Billa, immerhin.
Also retour quer über den Hauptplatz zum grünen i der Tourismusinformation, die beuteln den Kopf und schicken dich zurück, mit dem Hinweis, du mögest dich nur durchtrauen durch den finsteren Passagenschlauch (es seien kaum mehr als 100 Meter), oder aber, außen vorbei, an der Ecke Josef-Graf-Gasse/Langgasse, befinde sich auch schon der Eingang, das weiß doch ein jeder.
Geschafft.
An der Rezeption gelingt dir mit, gelernt ist gelernt, guter Stimmstütze doch noch das Überbrüllen des GutelaunezwangsendersÖsterreich 3 (ein Link wird verweigert), und du betrittst den mit grünem Hotelteppichboden gedämpften Lift, der bringt dich in den – ja bitte, Nichtraucherzimmer – zweiten Stock, das Ausrasten ist keine zwanzig Schritte entfernt, lehrt dich die Erfahrung.
Beim Aufgehen der Aufzugstür empfängt dich, zum bis herauf dröhnenden Radio dazu, das Getöse eines noch fernen Bodensturms, der grüne Hotelteppichboden wird gesaugt, es ist halb vier am Nachmittag. Irritiert, aber zufrieden realisierst du, dass der staubfressende Zyklon ganz sicher in der anderen Richtung wütet. Also, wo ist das Zimmer 215? – Im Verlauf der ausgiebigen Zickzackwanderung, an deren Anfang du dich befindest (ohne die kommenden Mühen auch nur zu ahnen) lernst du intuitiv und – quasi antizipando – zu begreifen, warum sie damit rechnen, dass du das Mineralwasser ung’schauter aufschrauben wirst, um, auf wundersame Weise dem sicheren Verdurstungstod entronnen, gleich einen halben Liter hinunter zu schütten (mit den entsprechenden Kohlensäurereaktionen, deren mindeste halbstündiges Rülpsen sein wird). Nach einigen Minuten des Umherirrens (eine Anlage, die selbst der Bibliothek des Jorge von Burgos zur labyrinthischen Ehre gereichen würde) stellt sich dann doch heraus, dass unmittelbar vor deiner Tür gesaugt wird, immerhin mit einem recht modischen dyson, alle Achtung. Erschöpft betrittst du dein Nichtraucherzimmer, räumst zuerst einmal den Aschenbecher weg, steckst dir die Ohrstöpsel hinein und fühlst dich wie auf einer Flugreise in staubfreie, sonnige Gefilde am Meer.
Noch soviel: Bei jedem Betreten des grünen Hotelteppichbodens wurde derselbe irgendwo gesaugt, gesaugbürstet oder geklopfsaugbürstet. Tag und Nacht und sehr sauber, wirklich wahr.

(Trotz des tadellos modernen beutellosen Sauggerätes der genannten Marke stelle ich mir vor, dass der passendere Name für das akustisch recht intensive Haus besser Hotel Progress lauten müsste.)