Bad Gastein, Beton der Alpen. Angerührtheit zum Greifen. Eldorado für Zyniker, die es schick finden, dystopisch-dysfunktionale Zustände abzufeiern, in geschlossenen Gesellschaften. Für Außerskandinavische unbegreiflich, wird Bad Gastein insbesondere von Schweden geliebt, und ohne sie bekäme man außer einer Zeitreise in die Wirtshausküche der Siebzigerjahre (die, wenn sie auch manchmal klumpen, so praktischen Fertigsaucen für und über alles!) nach sechs Uhr abends nichts zu essen. Schwedisches? Das nicht, aber es gibt TexMex oder elsässische Flammküchle mit Avocado, Lachs und Rucola – und unertränkten Salat! Dazu sind die gasteiner Gastroschweden, fast schon klischeehaft, sympathisch-freundlich. Bei ihnen ist nicht der Koch kurzfristig krank oder es ist heute ausnahmsweise ein Trauerfall im Team und ganz sicher keine geschlossene Gesellschaft.
Die historischen Großhotels stehen da wie im Gebirg gestrandete Ozeandampfer (die neueren zu hohe Flußkreuzfahrtsschiffe, die unter keiner Reichsbrücke durchkämen). Mittenhineingeschissen der brutalistische Sarkophag eines Konferenzzentrums, darüber thront die riesenhafte Autogarage übers ganze lange Tal, nordwärts.
Das neue Verkehrs- und Tourismuskonzept (hier ein- und dasselbe) sieht vor, überall Parkplätze für Autos zu errichten, auf buchstäblich allen Ebenen dieses Orts am Wasserfall, sodass keiner mehr von nirgendwo irgendwo hinauf- oder hinuntermuss.
In Wien braucht nur mehr weniger als die Hälfte der Haushalte ein Auto. Bald können sie alle in Bad Gastein parken, auf allen Ebenen. Dann wird auch der zentrale Betonklotz aufgestockt und in ein IKEA-Drive-In umgebaut, wodurch – Win-Win! – die angesiedelten Gastroschweden endlich auch ihre Köttbullar futtern können; die liegen ja auch in so einem Siebziger-umami-Saucenetwas, in dem sie einen streng abgezählt mit ihrem fragwürdigen Verzehrgenuss erwarten.
Warten, soviel warten. Der Kaiser steigt hier schon lange nicht mehr aus dem Zug und, es sei verraten: Er wird nicht mehr kommen.
Abreise. Zügig.