Künstlerische Darbietungen ohne Publikum bleiben weiterhin erlaubt – unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln.
Verordnungsentwurfsdetail
Wir haben es gelernt und verinnerlicht: was im Österreich nicht ausdrücklich erlaubt ist, ist verboten. Höchstwahrscheinlich sogar streng (strengstens) verboten. (Schdrenxdenz verbotten, im Oberösterreich.)
Dringend zu klären wäre die Frage, was denn nun eine künstlerische Darbietung sei.
Also, erstens: Darbietung (ohne Publikum) und, zweitens: künstlerisch. Wann also bietet jemand etwas dar (ohne Publikum; unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln), bietet gar sich dar (ohne Publikum; unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln)? Es muss sich um eine Art religiösen Akt handeln: wir haben es mit Hingabe zu tun (ohne Publikum; unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln). Darf sich vor dem Spiegel dargeboten werden? Wär’s gar Eitelkeit? (…)
Zweitens: künstlerisch. Was lässt sich für künstlerisch erklären? Welcher Behauptungskraft bedarf es? Wer bewertet es? – Wir brauchen Kommissionen!
Kehren wir zur urösterreichischen Kernprämisse zurück: Was nicht erlaubt ist, ist, grundsätzlich!, verboten, wo kämen wir da sonst auch hin? Das betrifft nun alle Lebensbereiche. Nahrungsaufnahme. Ihre Verstoffwechselung. Die Ausscheidung. Triebhaftes Sichausleben (unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln; ohne Publikum). Künstlerische Gestaltung vom Akt des Ausscheidens wurde längst in den Kunstkanon aufgenommen, sowas lockt heutzutage keinen Hund mehr hinterm Ofen hervor. Und beim triebhaften Ausleben (ohne Publikum, vollhygienisch) verhält es sich wohl ähnlich.
Es bleibet also unermesslich viel Raum zum individuellen Ausgestalten (ohne Publikum; unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln). Das nennt man dann die österreichische Realverfassung. Nun in notorisch Neuer Normalität.
Was haben wir’s doch gut, dass wir das Volk der Tänzer und Geiger sind: Alles Künstler! Und Spitzenportler, das sowieso, insbesondere winters.
Eines Tages wird wieder ohne Einhaltung jedweder Abstands- und Hygieneregeln vor Publikum gekünstelt und sich dargeboten werden. Und wir freuen uns alle schon sehr.
(In der Zwischenzeit wird eifrig geübt. Schließlich ist man ja, kulturverliebt, von Systemrelevanz.)