Bürstl

10. Juni 2005

(Epilog zu Herrn Spitzl)

Irgendwann mussten die Pumpsitze nicht mehr hochgepumpt werden, ich selbst war hochgeschossen. Auch im österreichischen Fernsehen tauchten jetzt die Les Humphries Singers auf, blumenkindliche Vorläufer jener singenden Altkleidersammlung, die vor ein paar Jahren als Kelly Family weltweit ihre heile Familienwelt aus ihrem Campingmobil, einer Weiterentwicklung vom knallroten Autobus, verbreitete, und bei Erkennen Sie die Melodie sangen sie in Kostümen und Bühnenbild von Hair Lieder aus My Fair Lady.
Ich war jetzt wirklich groß genug für einen dieser Zeit gemäßen Haarstil (und keinen Haarschnitt!); meine Haare sollten die neue Freiheit zu spüren bekommen und, vor allem, nach außen verkündigen.
Herrn Bürstl (sprich: Bürschtl), er hatte auch einen Vornamen, an den ich mich allerdings nicht mehr erinnere, war genau der richtige Friseur dafür, schon sein Nachname verriet es mir. Und sein kleiner Salon (der nichts von einer Ordination hatte) lag viel praktischer, weil Tür an Tür der Schuster Prader seine Werkstätte hatte. Herr Bürstl hat nicht, wie Herr Spitzl, vor sich hin gesummt, sondern er hat mit mir geplaudert, so richtig von Mann zu Mann, aber redselig war er schon auch.
Auf die Seifenbelohnung musste ich allerdings verzichten. Es fiel mir nicht wirklich schwer, schließlich war ich jetzt jugendlich.