35A. Zwei Buben, halbstark, sitzen ähnlich dem Paar, von dem ich am 29. Jänner erzählt habe, im Bus nebeneinander und schauen ausdruckslos ins Narrnkastl. Beide haben kurzes, geliertes Haar mit so einem frechen Spitzerl in der Mitte der Stirn. Ihre Körper sind durch den geteilten Ohrhörer des mp3-Players, den der linke Bub in seiner rechten Faust birgt, verbunden, während der rechte ein lebendiges, wolfsähnliches Wollknäuel auf dem Schoß liegen hat. Ihnen gegenüber liegt je eine rote Tasche mit dem Logo eines Markenturnschuhherstellers, der sich einer amerikanischen Großkatzenart als Vitalitätssymbol bedient und ihre Kräfte zu verleihen verspricht.
Beide Burschen sind, fast möchte ich sagen: selbstverständlich gepierct. Der mp3-Boy hat an der rechten Augenbraue ein kleines, würfeliges Raiffeisen-Zeichen montiert, der Junghundehalter spielt mit seinem offenbar noch nicht ganz integrierten Zungenspitzelklöppel. Wenn der Bus gerade steht, kann ich, ohne hinzusehen, hören, wie das Metall auf seine Zähne klopft, der Zahnschmelz um Gnade fleht.
Das Schmusen mit gepiercten Zungen muss ganz schön scheppern, stelle ich mir vor.
Beide Jugendlichen sind enorm lässig (cool wäre ein Hilfsausdruck), und sie beeindrucken nicht nur mich.
Vor allem der Hundehalter gäbe einen idealen Jäger ab. Wäre ich noch einmal siebzehn Jahre alt, hätte ich gegen ihn keine Chance, stelle ich armer, armer weißer Mann mir vor.